Mai/Juni/Juli 2022
Es ist (wieder) Krieg in Europa.
Als ich diesen Satz in der Karwoche für „Das Wort“ geschrieben habe, hätte ich den Satz am liebsten wieder gleich gestrichen. Nein, das kann doch nicht wahr sein, nein, das darf nicht wahr sein!
Und doch ist es so.
Zwar denken wir noch an den Krieg im ehemaligen Jugoslawien, doch das war ein Bürgerkrieg.
Schlimm genug!
Nun aber hat ein Staat einen anderen Staat angegriffen. Zudem noch einen sogenannten „Bruderstaat“, also einen Staat, den man nicht gerade als Erzfeind bezeichnen würde.
Ihr alle habt mehr oder weniger die schrecklichen Bilder im Fernseh´n gesehen.
Eines ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es war ein Bild aus Russland, vermutlich aus Moskau .
Eine russische Frau, die gegen den Krieg demonstrierte, wurde sofort von der Polizei auf sehr ruppige Art und Weise festgenommen. Beachtenswert dabei war, dass diese tapfere Frau keine Protestschrift hochhielt und auch keine Karikatur vom russischen Präsidenten, nein, sie hielt ein leeres weißes Blatt hoch - ein unbeschriebenes weißes Blatt Papier.
Und dennoch wurde sie festgenommen. Ich traute meinen Augen nicht. Aber was für eine mutige Frau!
Im kommenden Mai wären nach dem schrecklichen zweiten Weltkrieg 77 Jahre Frieden in Europa gewesen.
Als Jahrgang ´59 hatte ich das Glück in einem friedlichen Land aufzuwachsen und viele Jahre konnte ich, wie viele meiner Generation, diesen Frieden genießen. Aber ehrlich gesagt habe ich diesen Frieden gar nicht „genossen“ – er war ja selbstverständlich.
Nun muss ich leider sagen - Frieden ist niemals selbstverständlich. Er ist immer und unbedingt der Ernstfall, doch nicht selbstverständlich. Leider.
Wir alle leben eh in bedrückenden Zeiten. Der Klimawandel, die Natur und Fauna, die wir in großem Stil ausbeuten, die Coronapandemie, die Flut vom Juli letzten Jahres und nun dieser Krieg.
Was müssen wir noch befürchten? Ich weiß es nicht, ich will es auch gar nicht wissen und ich hoffe und bete, dass ein Ende all dieser Niedergänge bald abzusehen ist.
Vielleicht legen wir alle, wie die Kleinen und hoffentlich auch die Großen und Mächtigen einmal ein weißes leeres Blatt Papier vor uns auf den Tisch und schreiben unsere Wünsche für eine bessere Welt auf.
Nicht nur für uns, sondern vor allen Dingen für unsere Kinder und Enkelkinder!
Doch ich bin mir auch sicher, jede und jeder von uns kann schon jetzt etwas tun.
Sich für eine gerechte Welt einzusetzen, die Umwelt zu schonen, Frieden mit jemanden zu schließen, den/die man/frau nicht so mag, hilfsbereit und freundlich zu sein und und und…
Das wird im Großen und Ganzen nicht gleich eine Wirkung erzielen. Aber es wird doch hier und da weitere Kreise ziehen.
Als Kolpingfamilie sind wir dabei nicht alleine, sondern schon recht viele. Und das macht mir Mut, auch wenn ich nicht so mutig bin wie jene Frau mit dem weißen Blatt Papier in der Hand.
Euch allen wünsche ich eine gute und friedvolle Zeit und noch nachträglich frohmachende Ostertage!
Euer Udo Haak, Präses der Kolpingfamilie Eschweiler